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Kürzere Mittheilungen.
standen hat. Die mächtige Aschendecke, welche die Insel
unter 1 bis 60 in dicken Lagen verschüttete, hat in Verbin
dung mit der hohen Temperatur, die während des vulka
nischen Ausbruches geherrscht haben muß, das Leben eines
jeden Organismus ganz unmöglich gemacht. Auch kann man
nicht annehmen, daß Menschenhände durch künstliche Ueber-
tragung neues Pstanzenleben dort erweckt haben sollten. —
Die Literatur über die Verbreitung von Pflanzen und die
Veränderungen, welche eine Insel bewohnbar machen, bezieht
sich wohl nur ans das Entstehen von Vegetation auf Korallen
inseln. Bekanntlich entsteht letztere dadurch, daß Pflanzen
samen an den ueugebildeten Strand augespült wird, dort
keimt und später sich entwickeln kann. In ähnlicher Weise
hat man angenommen, daß alle Inseln bevölkert worden
seien. Die botanische Untersuchung von Krakatau hat jedoch
den Beweis geliefert, daß eine solche Erklärung doch nur ein
seitig ist, was nach der Ansicht des Dr. Treub dadurch be
greiflich wird, daß die Gelegenheit zur Untersuchung solcher
Fälle sich nur selten bietet.
Was ist hier nun der Fall? Die 20 bis 25 Pflanzen
arten, die ans allen Inseln, welche sich ans dem Meere er
hoben haben, vorkommen, sind auch auf Krakatau zu finden,
wie: verschiedene Arten von Cocus, Pandanns, Apocynaeen rc.
Doch durch das Vorhandensein dieser durch die Strömungen
dorthin gebrachten Pflanzen ist die Vegetation auf höher ge
legenen Punkten noch nicht aufgeklärt.
Auf solchen Punkten fand man nur zwei der am Strande
vorkommenden Pflanzen, und beide nur in geringer Verbreitung;
Herr Treub traf jedoch Kryptogamen und namentlich Gefäß
kryptogamen dort au. Die ganze Vegetation von Krakatau,
sagt er, bestand aus Farren, ein neues und unerwartetes
Ergebniß. Die chemische Zusammensetzung des Bodens macht
es unbegreiflich, wie Farren auch mit Rücksicht ans die starke
Hitze da bestehen können. Die vulkanische Asche, welche die
Insel bedeckt, besteht wenigstens aus 60 Procent Kieselsäure.
Also entstand die Frage, ob etwa in anderer Weise das
Entkeimen der Farrensporen vorbereitet worden war. Flechten
sind auf Krakatau nicht vorhanden. Bei genauerer Unter
suchung ergab sich jedoch, daß die Aufgabe, den Boden vor
zubereiten, durch niedrige Organismen erfüllt wurde, deren
Wirkung in dieser Hinsicht noch nicht bekannt war. Es sind
nämlich kleine Algen, Cyauophycaeen, mit schleimiger Hülle
und dünnen Drahtfäden, die zusammen dem Bimmssteinboden
einen blaugrünen Hauch geben und ein Netzwerk von hygro
skopischen Fäden bilden, welche den Boden bedecken. Die
Farren werden in ihrem ersten Entwicklungsstadium durch
das feuchte Netz gegen Verdorren behütet; wie es jedoch
möglich ist, daß die jungen Keime es länger aushalten, ver
mochte Dr. Treub nicht zu erklären. Möglicherweise liegt
hier eine physiologische Differenzirung der Pflanzen zu Grunde,
wodurch sie sich den ungünstigen Umständen anpassen können.
Der Vortragende war der Ansicht, daß die Farren jetzt
wieder auf Krakatau dieselbe Rolle spielen, welche sie in lange
verflossenen Perioden an anderen Stellen gespielt haben, daß
sie nämlich den Boden für eine Vegetation von Phanerogamen
vorbereitet haben. Für das Entstehen einer Farrenvegctation
entnahm er der Literatur zwei Beispiele, betreffend die Ver
breitung der Vegetation auf vulkanischen Inseln, wo Phane
rogamen fehlen und nur Farren vorkommen (Ascension, Inan
Fernandez und Masa Fuera). Die Vorgänge auf Krakatau
erlauben nach Ansicht des Herrn Dr. Treub weitere Schlüsse;
die dort gemachten Beobachtungen gestatten, Folgerungen auf
alle die Fälle zu ziehen, wo durch vulkanische Ausbrüche
Stücke des Festlandes oder einer Insel verwüstet werden;
Gefäßkryptogamen vertreten daun die fehlende Erde und bereiten
eine Vegetation von Phanerogamen vor. E. M.
Ueber die Ungleichheit der Menschen.
M. G. de Lapouge hat im Februar d. I. vor der
Facultät der Naturwissenschaften zu Montpellier eine Reihe
von Vorträgen „Ueber die Ungleichheit der Menschen" gehalten,
aus denen Folgendes interessant erscheint:
Die Thatsache der Ungleichheit der Individuen, Volks
klassen, Nationen und Rassen erhält durch die Erblichkeit aller
Eigenschaften eine hohe Wichtigkeit für die Politik und Sozio
logie. Kein Individuum, keine Klasse, keine Nation und keine
Raffe ist in Folge dessen derselben Vervollkommnung fähig,
wie das oder die andere st. Es giebt für alle eine Prädestination,
und es ist Schuld der Naturverhältnisse, wenn die einen von
den anderen beherrscht und ausgebeutet werden. Das poli
tische Dogma von der „égalité“ beruht deshalb auf sehr-
falschen Voraussetzungen.
Hinsichtlich der Intelligenz und Kultur, die den wichtigsten
Maßstab für Superiorität der einen über die andere abgiebt,
kann man vier soziale Typen unterscheiden: der erste Typus
ist der Typus der Bahnbrecher („initiateurs“), die der
Menschheit neue Wege in das Reich des Unbekannten zeigen
und sie mit sich fortreißen. Unruhig und kühn, von einer
Intelligenz, die mindestens dem Durchschnitt entspricht, be
findet sich dieser Typus auf vorhandenen Pfaden wenig wohl.
Neue Ideen und Erfindungen sind sein Lebenselement, und
hat er sie einmal erfaßt, so führt er sie auch in das praktische
Leben ein. So verbringt er sein Leben in beständigen
Schöpfungen, und die Organisation der menschlichen Gesell
schaften ganz im allgemeinen sind in der Hauptsache das Werk
von seinesgleichen. Menschen von diesem Typus sind selten,
und oft genug scheitern sie bei ihrem Bestreben. Die wahren
Genies repräsentiren die vollkommenste Form der Typus.
Der zweite Typus ist derjenige der intelligenten und
geistvollen Leute, die zwar keine schöpferische Kraft besitzen,
die aber die Ideen und Erfindungen jener Bahnbrecher weiter
bearbeiten und vervollkommnen. Sie ergänzen die Leute
vom ersten Typus.
Der dritte Typus umfaßt die Menschen, welche — gleich
viel ob mit viel oder wenig Intelligenz — nur mit anderen
zusammen etwas leisten, oder welche nur Heerdensinn haben.
Sie mißtrauen und verspotten jede Idee, die nicht von Allen
angenommen wird, sobald das letztere aber geschehen ist, er
greifen sie sie ebenfalls und halten sie mit Hartnäckigkeit fest.
Wenn sie intelligent sind, sind diese Menschen die gelehrigsten
unter allen, aber jeder Wechsel der Routine macht ihnen
Pein, und jedem Fortschritt gegenüber repräsentiren sie die
Trägheit der Masse — das letztere desto mehr natürlich, je
weniger sie Intelligenz besitzen.
Der vierte Typus ist auch durch Erziehung nicht fähig,
sich die bescheidenste Summe voit Kultur anzueignen.
Selbstverständlich ist diese Eintheilung nicht so zu ver
stehen, als ob jeder beliebige Mensch ohne Weiteres einer oder
der andereil der vier Kategorien einzureihen sei. Es handelt
sich dabei vielmehr nur um Mittelpunkte für die Grnppirung,
von denen dieser Mensch mehr, jener weniger fern bleibt.
Abgeschlossene Gruppen und wirkliche Grenzen giebt es in
der menschlichen Gesellschaft nicht.
Die Superiorität einer Nation oder einer Raffe besteht
nun darin, daß dieselbe eine größere oder geringere Menge
von Menschen, die sich dem ersten oder zweiten Typus nähern,
besitzt. Die beiden anderen Typen kommen dabei eigentlich
nur in sekundärer Weise in Betracht.
Diejenige Rasse, welche als die reichste an Menschen von
dem ersten Typus angesehen werden muß, ist die blonde
dolichocéphale. Fast alle großen Männer haben ihr angehört,
0 $BcrgI. „Revue d’Anthropologie“, 1888, fase. 1, p. 9 ff.