Skip to main content
Page Banner

Full Text: Globus, 53.1888

352 
Aus allen Erdtheilen. 
historischen Hausthiere. Der genannte Herr hat im 
Gegensatze zu Rütimeyer und Nathusius ein sehr umfassendes 
Material (insbesondere mehrere Hundert von Wildschweiu- 
nnd Hausschweinschädeln) zu seinen Untersuchungen zur Ver 
fügung gehabt, und er gelangt auf Grund desselben zu dem 
Schlüsse, daß das Pfahlbauer-Schwein (Sus palustris) nicht 
als eine besondere Spezies, sondern als die in primitiver 
Weise gezähmte Form des einheimischen Wildschweines (8ns 
scrofa ferus) zu gelten habe. Die Vernachlässigung der 
Pflege der Hausthiere und die damit Hand in Hand gehende 
Inzucht führe noch heute in Ländern von geringer Kultur- 
entwickelung (in Nordrnßland, in den Ländern der Balkan- 
halbinsel rc.) zn einer Verkümmerung der Rassen. Daraus 
erkläre sich auch die Uebereinstimmung in dem Knochenbau 
des Pfahlbauer-Schweines und des indonesisch-melanesischen 
Schweines. In beschränktem Maße konnten allerdings durch 
griechisch-römischen Einfluß Kreuzungen zwischen den asiati 
schen mtb europäischen Formen stattgefunden haben. 
— Der französische Geist ist rastlos am Werke, neue 
Bravourstücke zn erdenken, durch die er die Fehler, die die 
Natur bei der Gestaltung der Erdräume begangen hat, zn 
verbessern strebt. Da das große Projekt des Kanaltunnels 
an dem Widerstreben der Engländer bis auf weiteres ge 
scheitert ist, so hat der ehemalige Präsident der Pariser Ge 
sellschaft der Civil-Jngenieure, Herr Herseut, den noch viel 
größer ausschauenden Plan einer Kanalbrücke zur Dis 
kussion gestellt. Die Brücke soll circa 30 km lang werden, 
50 m über den Meeresspiegel emporragen, in Intervallen 
von l / 2 km von Pfeilern getragen werden, und 800 Millionen 
Francs kosten. Sobald das Projekt von einer internationalen 
Ingenieur-Kommission geprüft und gebilligt worden ist, will 
man an die Gründung einer Kanalbrückeu-Gesellschaft gehen, 
und die Erlaubniß zn dem Bau bei der französischen und 
englischen Regierung nachsuchen. — Auch wenn der Plan tech 
nisch mtb finanziell ausführbar sein sollte, ist cs aber zu 
vörderst sehr lvahrscheinlich, daß dieselben politischen Bedenken, 
die sich in England gegen den Kanaltunnel erhoben haben, 
sich auch gegen die Kanalbrücke erheben werden. Ihre voll 
kommene insulare Abgeschlossenheit ist den Engländern zn lieb. 
A s i e n. 
— M. Ganthier hat eine interessante Fahrt von 
Luang Prabang denMekhoug hinab bis nach Kambodscha 
unternoulnlen. Dieselbe datierte 40 Tage, mtb der Reisende 
hatte dabei nicht weniger als 20 Katarakte zu überwinden, 
die ihn wiederholt in äußerste Gefahr brachten. Auf dem 
Wege gewann er unter attderem auch einen Einblick in das 
Treiben der Laos, die er als ein lustiges und träges Völkchen 
schildert, das kaum etwas anderes thut, als lacht, singt und 
raucht. Handel und Gewerbe befinden sich bei ihnen in den 
Händen der Chinesen. 
— Unserm Aufsatze über die asiatischen Eisenbahnen 
haben wir nachzutragen, daß der türkische Sultan die Ge 
nehmigung ertheilt hat, die Eisenbahnlinie Smyrna-Aidiu- 
Danizli nach Dincir, im oberen Menderesthale, weiter zu 
führen. Es wird dadurch nicht nur einem reichen Distrikte 
Kleinasiens die lauge entbehrte Abzugsstraße für seine Pro- 
ditktion gewährt, sondern es geschieht dailtit zugleich ein ernst 
hafter Schritt zur Verbindung des großen kleinasiatischeu 
Hafeuplatzes mit Karahissar, Kouia, Kaisarieh und anderen 
namhaften Verkehrscentren des Binnenlandes. Die Weiter- 
führung der Linie Skutari-Jsmid nach Engürieh (Angora) — 
eilte Strecke von 480 km — hat ebenfalls gute Aussichten 
auf baldige Verwirklichung gewonnen. Man geht' wohl nicht 
irre, wenn man diese wichtigen verkehrspolitischen That 
sachen mit der Fertigstellung der Eisenbahn von Wien nach 
Konstantinopel in Zusammenhang bringt. 
— Der allgemeine Plan der großen sibirischen 
Eisenbahn scheint gegenwärtig ebenfalls festzustehen. Dem 
nach würden die Hauptstationen der Linie östlich von Tomsk 
sein: Mariinsk, Aschinsk, Krasnojarsk, Nishnij-Udinsk, Irkutsk, 
Posolsk, Werchne-Udinsk, Tschita, Nertschinsk, Srjetensk, 
Grafskiport, Nikolskoi und Wladiwostok. Die Linie verliefe 
also genau, wie die in Nr. 20 enthaltene Uebersichtskarte der 
asiatischen Eisenbahnen und Eiscubahnprojecte es zeigt. 
A f r i k a. 
— I. F. Ingram, der bereits das Pondo-Land, Zulu- 
Land und Swazi-Land bereist hat, plant eine neue Expedition 
nach Umzila's Reiche, nördlich von dem Liinpopo. Er 
beabsichtigt daselbst insbesondere die Forschungen unseres Karl 
Manch fortzusetzen. 
— Das jüngst herausgekommene englische Blaubuch über 
Betschnanaland enthält unter anderem einen Bericht F. 
Johnsons über eine Explorationstour nach dein 
Matabcle- und Ma schonn lande, welcher constatirt, 
daß sich auch in diesen Ländern reiche Goldlager befinden. 
Besonders führt das Alluvium des Amazon, des Goura- 
mapontsie und Umlobordju große Mengen des edlen Bie 
talls , dasselbe fehlt aber in der Gegend nordöstlich von dem 
Hanyaue - River in keinem Bachlaufe und in keinem aus 
getrockneten Flußbette gänzlich. Die Gegend ist gebirgig und 
nur sehr spärlich bewohnt. 
P o l a r r e g i o n e n. 
— Der norwegische Reisende Dr. Frithjof Nansen 
Hatseine Grönlandfahrt thatsächlich angetreten mtb sich am 
9. Mai in Leith zunächst nach Island eingeschifft. Seine 
Begleiter sind Lieutenant Dietrichson, Herr Sverdrnß, Herr 
Kristiansen und die beiden Lappen Balta und Ravna. 
— Prof. Baklund, Mitglied der Kaiser!, russischen Aka 
demie der Wissenschaften, beabsichtigt in Gemeinschaft mit dem 
Geologen Tschernyschew nach Nowoja Semlja zu gehen 
mtb eine Durchquerung dieser arktischen Lande ztt versuchen. 
— Ueber die Temperaturverhältnisse von Nord 
grönland (Upernivik) enthalt ein Vortrag des Grönland 
fahrers Ryder vor der dänischen geographischen Gesellschaft 
nachstehende bemerkenswerthe Daten: Die mittlere Jahres 
temperatur war — 11,40 C.; die absolute Maximaltcmperatur 
des Juli betrug (1886) ff- 15,3°, die absolute Minimal- 
temperatnr des Februar sowie des März (1887) dagegen 
— 40,3°. Sehr charakteristisch für das nordgrönländische 
Klima sind die Föhnwinde, bei denen das Thermometer zu 
weilen ganz plötzlich vou — 30° C. ans 0° und darüber 
steigt. (Bergl. „Geografisk Tidskrift" 9, p. 82 ff.) 
Inhalt : Dr. H. Zschalig: Rouen. II. (Mit vier Abbildungen.) — Wanderungen durch das außertropische Süd 
amerika. XI. (Mit drei Abbildungen.) — Theodor Kirchhofs: Südkalifornien im Jahre 1887. II. — Kürzere 
Mittheilungen: Ueber den Erd- und den Himmelsglobus von G. I. Blaeu, Amsterdam 1559 bis 1603. — Die Eisenbahn 
von Antosagasta nach Bolivien. — Aus allen Erdtheilen: Europa. — Asien. — Afrika. — Polarregionen. (Schluß der 
Redaktion am 28. Alai 1888.) 
Redakteur: Dr. E. Dcckert in Berlin W., Nürnberger-Straße 2. 
Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.