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Bücherschau.
werke im Okkupationsgebiet. Seit vier oder fünf Jahren
hat das Finanzministerium das Geschäft von der Gesellschaft
übernommen. Die Hoffnungen ans Fünde neuer Adern von
Edelmetall sind bisher nur in bescheidenem Maße in Er
füllung gegangen. Einen Gewinn hat man jedenfalls zu
verzeichnen, daß nämlich endlich Klarheit über die Art des
Gewerkbetriebes in älteren Zeiten gewonnen wurde. Einer
der verdienstlichsten und tüchtigsten, und wie ich aus eigener
Erfahrung hinzufügen darf, liebenswürdigsten bosnischen
Bergwerksbeamten ist Herr Ludwig Pogatschnigg in Sre-
brnica, der nun seit etwa acht Jahren in einer schwer zugäng
lichen Wildnis kahler düsterer Berge die Grabungen leitet.
Seinen Mitteilungen im Glasnik zem. muzeja, Sara
jevo II, S. 125 ff. entnehmen wir folgende Angaben. ° Bei
Srebrnica (am linken Drinaufer) neben dem Flüßchen Kri-
äevica und dem Bache Cwevac giebt es eine ganze Reihe
alter Schlackenhaufen. Auf dem Wege von Ljubovije nach
Srebrnica befindet sich beiin Han SoloouZa ein riesiger
Schlackenhaufen und ein zweiter bei der serbischen Kirche.
An diesen Orten waren offenbar in alter Zeit Schmelzstätten,
zu welchen man das Gestein aus den Gruben der südwestlichen
Seite des Kvarac-Gebirges ober Bitlovic: herholte. Bei Ci-
oevac hat Pogatschnigg im Jahre 1885 die Fundamente
der alten Schmelzstätte bloßgelegt. Dort stand das römische
Mnnicipium Domavia und späterhin arbeiteten hier sächsische
Bergleute im venezianischen Solde.
In den römischen Bergwerken, welche die Erzadern des
nordöstlichen Abhanges des Kvarac durchziehen, sind die Ein
gänge so groß, daß Wagen einfahren und die Erze heraus
fahren konnten. Ein- solcher Stollen ist die Kovaoica, der
3 in hoch und 2,5 ui breit ist und in seinem Bau eine große
Regelmäßigkeit und Sorgfalt zeigt. Alle diese Erzgruben
waren mit Straßen verbunden, die zur Schmelzstätte nach
Ciecvac führten. Über die breiten Tiefen waren Brücken
gebaut, deren Pfeiler noch zu sehen sind. Es stehen noch zum
Teil ganz unversehrte Mauern da. Nach den wertvollen Funden
in den Ruinen ist man berechtigt zu schließen, daß zur Römer
zeit dort ein bedeutender Wohlstand geherrscht haben müsse.
Der mittelalterliche Bergwerkbetrieb weist insofern einen
Fortschritt auf, als die Stollen nur niedrig sind, so daß man
nur in gebückter Haltung schreiten und stellenweise sich kaum
durchzwängen kann. Die Schmelzstellen waren von ein
fachster Art. Ziegel und behauene Steine scheinen gar nicht
angewendet worden zu sein. Die Nachgrabungen auf der
Schlackenstelle in Cieevac ergaben bloß einige irdene Scherben,
einige Holznägel und einen hölzernen Rechen. Darin liegt
ein Beweis für große Armut der damaligen sächsischen Berg-
werkslcute, die um ihr kümmerliches Dasein kämpften. Die
Ragusaer Kaufleute gaben ihnen für die Erze bloß Nahrungs
mittel. Es scheint, daß cs im Mittelalter keine eigentliche
Hauptschmelzstätte dort gab, sondern daß man vielmehr die
herausgeförderten Erze gerade schmolz, wo sich ein geeigneter
Platz fand. Nichts berechtigt uns aber zur Annahme, daß
in dieser Gegend vor der römischen Herrschaft Bergbau be
trieben worden sei. Auch scheint es, daß der Ort Srebrnica
(Silberstadt) erst im Mittelalter entstanden sei.
B ü ch e v f ch a u.
Prof. Dr. H. Nabcrt, Karte der Verbreitung der
Deutschen in Europa. Nach österreichischen, russischen,
preußischen, sächsischen, schweizerischen und belgischen amt
lichen Quellen, Reiseberichten des Tr. Lotz u. a., sowie
nach eigenen Untersuchungen in den Jahren 1884 bis 1887
im Austrage des deutschen Schulvereins und unter Mit
wirkung von R. Böckh. Maßstab 1:925 000. Glogau,
C. Flennning (1891). In 8 Sektionen ä M. 3.
Amtlich gab es in Frankreich nur Franzosen, und die
nichtsranzösischeu Sprachen des Landes hatten keine amtliche
Geltung; daher wurde weder vom Königreiche, noch dem
Kaisertum, noch der Republik die nichtfranzösische Bevölkerung
des Landes gezählt und festgestellt. Vor einem halben Jahr
hundert wußte man wohl, daß in Elsaß und Lothringen noch
Deutsch geredet wurde, wie weit sich dasselbe aber erstreckte, wie
die Sprachgrenze verlief, darüber hatte man keine genaue Kunde.
Da unternahm es der Braunschweiger H. Nabert, diesem Mangel
abzuhelfen und er beging einen großen Teil der Sprachgrenze.
Seine fleißige und mühevolle Arbeit, die H. Berghaus in seinem
physikalischen Atlas 1852 verössentlichte. blieb die Grundlage
aller späteren Darstellungen der deutsch-französischen Sprach
grenze, bis die Wiedergewinnung der deutschen Reichslande 1871
amtliche Ausnahmen behufs Feststellung der Sprachverhältnisse
der einzelnen Gemeinden ermöglichte. Unermüdlich hat Prof.
Nabcrt, der im Mai 1890 starb, seitdem auf dem betreteinn
Gebiete weiter geforscht, wenn er auch wenig an die Öffentlich
keit trat. Aber die Frucht seiner rastlosen Arbeit hat er uns in
der hier angezeigten Karte hinterlassen, deren erste Sektion vorliegt.
Diese Arbeit erscheint gleichsam wie eine Übertragung von
R. Böckhs ausgezeichnetem Werke „Der Deutschen Volkszahl
und Sprachgebiet in den europäische» Staaten" (Bert. 1869) in
das Kartenbild, fortgeführt und ergänzt bis aus die Gegenwart
und mit den neuesten Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung
bereichert. Sie reicht vom Asowschen Meere im Osten bis zur
Straße von Dover im Weste», von Jütland im Norden bis
Oberitalien im Süden. Sie ist deutlich und sauber in Litho
graphie nach Art der Wandkarten ausgeführt und in 20 Farbcn-
tönen gedruckt, welche die Teutschen (in drei Tönen: Hochdeutsche,
Niederdeutsche und Niederdeutsche mit eigener Schriftsprache)
nebst ihren Nachbarn zur Anschauung bringen. Somit erhalten
wir eine Gesamtübersicht über die Wohnsitze der Teutschen in
Europa, über das zusammenhängende Sprachgebiet und über
die Ausbreitung der deutschen Sprachinseln nach Osten und
Südostcn hin; es ist ein Bild, aus dem sich ein gutes Stück
deutscher Kulturgeschichte ablesen läßt, das uns aber auch die
Verluste zeigt, welche die deutschen Ansiedelungen durch Ent
fremdung von ihrem Volkstum erlitten haben.
Tie vorliegende Sektion 2 bringt den Nordosten Deutsch
lands bis Memel und einen Teil Polens sowie Böhmens. Die
gewählten Farben treten gut und kräftig hervor und Gelb, für
die Teutschen, springt, namentlich in den Sprachinseln, herrschend
hervor, somit dem Zwecke der Karte gut dienend. Für Rußland
sind die Juden, die dort noch eine völlig abgeschlossene Nationa
lität bilden mit einer besonderen Farbe ausgezeichnet. Diese
Darstellung scheint der großen Rittichschen ethnographischen
Karte von Rußland entnommen zu sein, mit welcher Nabert
ganz übereinstimmt. Die Abgrenzung der Polen und Deut
schen in Preußen stimmt im wesentlichen überein niit der
Böckhschen „Sprachkarte vom Preußischen Staate" (1861), die
schon deshalb als Grundlage dienen mußte, weil seit 1864 in
Preußen keine Aufnahmen der Nationalitäten stattfanden und
zur Berechnung derselben man sich an die Sprache der Schul
kinder halten nuißte, die mehrmals erfolgte. Weit über Russisch-
Polen hin erstrecken sich deutsche Kolonisten, oft in breiten
Sprachinseln. Doch glaube ich, daß hier des guten oft zu viel
gethan ist; denn wenn auch diese zum Teil alten Ansiedelungen
der Deutschen in Polen nicht zu unterschätzen sind, so sind die
selben doch sehr häufig mit Polen gemischt,„was bei der Dar
stellungsweise nicht zum Ausdruck gelangt. Überhaupt stellt sich
die Sprachgrenze im Osten nicht überall so reinlich dar, wie
die Nabertsche Karte sie uns zeigt. Es sind da vielfache
Mischungen vorhanden, die nicht berücksichtigt wurden. Indessen
will ich gern zugestehen, daß entsprechend dem Charakter der
Karte, die mehr als Wandkarte gedacht ist, dieses vernricden
werden mußte, um die Klarheit des Bildes zu erhalten. Es
ist da der Grundsatz maßgebend gewesen, daß die Mehrheit
einer Nationalität in der Farbe zum Ausdruck gelangte. Auf
die Besprechung des in diese Sektion fallenden Teiles, von
Böhmen will ich zurückkommen, wenn die übrigen Teile Öster
reich-Ungarns vorliegen.
Die Sektion giebt uns auch die Südgrenze der nieder
deutschen Sprache gegenüber der oberdeutschen in ihrem östlichen
Teile vom Harze bis zur polnischen Sprachgrenze und hier sind
einige kritische Bemerkungen am Platze. Aschersleben liegt nicht