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Full Text: Globus, 59/60.1891

Bücherschau. 
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mehr im niederdeutschen, sondern jetzt im mitteldeutschen Sprach 
gebiete (Haushalter); an der Mündung der Saale in die Elbe 
greift das Niederdeutsche noch mit einigen Dörfern aus das 
rechte Saalcuser über (Kirchhofs), läuft also nicht entlang dem 
Flusse. Bedenklich erscheint aber die Abgrenzung in der Mittel- 
mark und Niederlausitz, wo sicher dem Niederdeutschen ein zu 
großer Raum zugewiesen ist. Wenn auch, wohl mit Recht, die 
Arbeit von Haushalter über die niederdeutsche Sprachgrenze 
östlich der Elbe (Halle 18ü6), was die Umgebung von Berlin 
betrifft, nicht als stichhaltig anzusehen ist, so steht doch fest, daß 
da, wo in den letzten Jahrhunderten seit der Reformation die 
Wenden germanisiert wurden, diese nicht die niederdeutsche, 
sondern die hochdeutsche Sprache annahmen. Diese germani 
sierten Wenden wohnen bis über Beeskow-Storkow nördlich, und 
bis Teupitz westlich, wo überall noch das falsch anlautende h 
erklingt, (Hund statt und, 'ammel statt Hammel) und nieder 
deutsche Kolonisten nur in spärlicher Anzahl vorhanden sind. 
Das Land Sternberg zwischen Warthe und Oder büßte schon 
im 15. Jahrhundert die niederdeutsche Sprache ein; der Kreis 
Lebus war überhaupt zweifelhaft niederdeutsch und so auch 
Frankfurt a. O. Keinenfalls sind sie cs heute, und danach wäre 
bei Nabert die Sprachgrenze des Niederdeutschen gegen das 
Hochdeutsche zu berichtigen. Eine Linie Dahme, Baruth, 
Zossen, Köpenik, Müncheberg, Küstrin dürfte annähernd richtig 
sein. Doch liegen hier leider keine eingehenden Ausnahmen 
vor und Haushalters Erkundigungen genügen nicht. 
Richard Andrer. 
Dr. H. Pröscholdt, Der Thüringerwald und seine 
nächste Umgebung (Forschungen zur deutschen Landes 
und Volkskunde, Bd. V, Heft 6). 51 S. Stuttgart, I. Engel 
horn, 1891. 
ES ist mit Dank zu begrüßen, daß einer von den Geo 
logen, welche den Thüringerwald und seine Umgebung seit 
einer Reihe von Jahren aufnehmen, auch für weitere Kreise 
die geologischen Berhältnisse und die Entstehungsgeschichte dieses 
schönen Gebirges dargestellt hat, da naturgemäß die Fach 
litteratur, besonders in den von der Geologischen Landesanstalt 
herausgegebenen Schriften, die Jahrbücher, Abhandlungen und 
Erläuterungen zu den einzelnen geologischen Blättern, aus einen 
bestimmten Leserkreis beschränkt bleiben. 
Der Bersasser hat es verstanden, ein klares, anschauliches 
Bild von dem Bau und der Entstehung des Thüringer 
waldes zu entwerfen, indem er die eigenen Beobachtungen 
wie das massenhaft angehäufte Material zahlreicher andrer 
Beobachter in knappen Zügen zusammengefaßt ft. 
Ein kurzes einleitendes Kapitel ist der Begrenzung 
und der Orvmetrie gewidmet. Bei der folgenden Über 
sicht der geologischen Formationen ist naturgemäß das 
südöstliche Schiefergetnrge mit Schichten vom Kambrium bis 
Karbon aufwärts für sich behandelt; es folgt der mittlere und 
nordwestliche Teil des Gebirges, welcher sich, abgesehen von 
einigen untergeordneten archäischen Gebieten, hauptsächlich aus 
den Schichten des Rot lieg enden und den zahlreichen gleich 
zeitigen Eruptivgesteinen (besonders Porphyren) aufbaut; 
viel untergeordneter tritt das jüngere Karbon auf. Der dritte 
Abschnitt behandelt die Hauptphasen der Entwickeln n g. Das 
südöstliche war ein Teil der paläozoischen „mitteldeutschen Alpen", 
welcher sich in der Karbonzcit und zwar in der Richtung von 
Südivest nach Nordost emporwölbte, bann aber der Abtragung 
anheimfiel und vom Zechsteinmeer zu einer schräg aufsteigenden 
Abrasionsfläche abgehobelt wurde^ aus letzterer lagerten sich 
dann in langen Zeiträumen die Schichten des Zechsteins, der 
Trias, des Jura, vielleicht auch der Kreide ab und bedeckten die 
Reste des paläozoischen Faltengebirges in einer Mächtigkeit von 
weit über 1000 m. 
In der Kreidezeit wurde Thüringen Festland, an welchem 
das Wasser abermals seine nivellierende Thätigkeit ausübte. 
In der Tertiärzelt lagerte sich über Thüringen eine oligocäne 
Braunkohlenbildung ab. Nunmehr treten gewaltige Druckkräfte 
in Thätigkeit und führten zu zahlreichen Spalten, an welchen sich 
die Schichten vertikal verschoben. Dieselben traten hauptsächlich 
Ul der Richtung von Nordwest nach Lmdost (in „hercynischer 
Richtung") auf. Der Thüringerwald blieb nunmehr als Horst 
stehen und ist thatsächlich fast allenthalben durch Schichken- 
störungen von seinen Borlanden getrennt. Durch das Absinken 
ft Da eine Spezialkarte nicht beigefügt ist, so wird vielen 
Lesern die einzige, auf modernem Standpunkt stehende geologische 
Übersichtskarte des Gebirges in Meyers Konversationslexikon, 
4. Aust., Bd. XV (von Beyschlag), gute Dienste leisten. 
seiner Vorlande trat im Thüringerwald ein Stück der ehe 
maligen mitteldeutschen Alpen zu Tage, zunächst aber noch 
überlagert von einer mächtigen Decke der Zechstein- und Trias 
schichten, welche seitdem bis auf verschwindende, durch besondere 
Umstände geschützte Reste weggeführt wurden. Die gewaltigen 
Beträge der Erosion im Gebirge wie in dessen Borlanden wer 
den nun eingehender dargelegt, ebenso die Vorgänge des jüngsten 
geologischen Zeitalters und das Fortwirken der gebirgsbilden- 
den Kräfte bis zur Gegenwart besprochen. 
Den Einwirkungen dieser Kräfte auf die ein 
zelnen G e st e i n s s ch i ch t e n ist der vierte Abschnitt gewidmet 
und hier auch die schließliche Ausgestaltung der heutigen Relief 
formen erörtert. Verfasser geht dann im Schlußkapitel noch 
auf die Entwickelung der Hydrographi,chen Verhältnisse 
des Thüringerwaldes näher ein und kommt dabei auch auf die 
Entstehung der größern Ströme im Vorland, speziell der Saale 
und Werra, zu sprechen. Manche seiner Ausführungen, nament 
lich hinsichtlich der Werra, dürften auf Widerspruch stoßen, da 
Verf. den von Penck, Philippson, Jüschke ausgesprochenen An 
sichten entgegentritt; mit der Zeit dürften aber auch diese 
schwierigen Fragen mit der weiter voranschreitenden Detail- 
forschung mehr und mehr sich klären. Dazu werden die hier 
niedergelegten Entwickelungen ebenfalls beitragen. Sie sind 
ganz dazu angethan, das Interesse für unsre heimatlichen 
Gebirge zu beleben und zu weiteren Forschungen anzuregen. 
Der Titel dieser Studie durfte enger gefaßt werden, da 
ja in derselben nur der Gebirgsbau behandelt wurde, während 
klimatische, biologische und anthropogeographische Verhältnisse 
nicht berücksichtigt sind. 
Jena. Fr. Regel. 
A. Rothpletz, „ Das Karwendelgebirge (Zeitschr. d. Deut 
schen und Österr. Alpenvereins. Geolog. Karte 1:50000; 
Erläuterungen 75 S., mit 9 Tafeln und 29 Figuren im 
Text. München 1888 u. 1889). 
Das Karwenoelgebirge, das eigentlichste Quellgebiet der 
Isar, im Westen und Norden vom Jjarthal selbst, im Osten 
vom Achenthal, im Süden vom Innthal begrenzt, ein Stück 
der östlich im österreichisch-bayerischen Grenzgebiete liegenden Kalk 
alpen bildend, wurde auf Veranlassung und mit Unterstützung 
des deutschen und österreichischen Alpenvereins geologisch voin Berf. 
aufgenommen. Demselben leisteten Beihilfe: Elark, Fraas, 
Geyer, Jäkel, Reis und Schäfer. Eingehende topographische 
Revisionen, besonders Eintragung von Höhenlinien auf bayeri 
scher Seite, wurden von Bischof ausgeführt. Das Gebiet setzt 
sich aus vier langen ostweststreichenden Bergketten, der hinteren 
Karwendelkette, der Gleierschkette, der vorderen Karwendelkette 
und dem Karwendelgebirge zusammen. In der ersteren, der bei 
weitem größten, ist eine auch sonst im übrigen Gebiete mehrfach 
wiederkehrende topographische Eigentümlichkeit besonders scharf 
ausgeprägt, nämlich die Ausbildung von Seitenkämmen rechts 
und links von der Kammllnie, welche durch tiefe zirkusartige, 
auswärts in schmale Klammen sich öffnende Kare getrennt sind. 
Tiefe Längsthäler trennen die vier Hauptketten, doch biegen sie 
merkwürdigerweise in ihren' oberen Enden mehrfach in Quer- 
thäler um. Gletscher und Firnfelder fehlen dem Gebiete, daher 
sind die aufragenden Gesteinsmassen meist wasserarm, um so 
ergiebiger ihr mit Schuttmassen bedeckter Fuß; in den mit 
thonigen Zwischenschichten versehenen Raibler, Kössener und 
Neokomschichten stellen sich auch Schichtquellen ein, von denen 
19 in Höhen von 1150 bis 1750 m gemessen 2,5 bis 6°(£. 
Wärme ergaben. Das Gebiet setzt sich aus Trias (Werfener- 
fchichten), Myophorienschichten, Muschelkalk, Partnachschichten, 
Wetlersteinkalk, Raiblerschichten, Hauptdolomit, Plattenkalk. 
Kössenerschichten (Dachsteinkalk), Jura (Lias, Malm), Kreide 
(Neokom) und Diluvium zusammen. Die Tektonik erwies sich 
bei weitem mannigfaltiger, als man bisher anzunehmen geneigt 
war, und zwar deswegen, weil sie nicht allein durch die am 
Schluß der Tertiärzeit allgemein sich vollziehende Auffaltung des 
Alpengebirges bedingt war, sondern auch durch vielfache ältere 
Tafelbrüche der noch nicht aufgefalteten Sedimente. Denkt man 
sich hierzu noch in dem präalpin dislozierten Gebiete energische 
Erosionswirkungen, so wird es klar, daß bei nachfolgender Auf- 
faltung nicht die aus andern alpinen Gebieten bekannten 
schematisch einfachen Sättel- und Muldenbildungen entstehen 
konnten. — In wissenschaftlicher und technischer Hinsicht ist 
vorliegende Publikation eine überaus beachtenswerte Leistung. 
Diese veranlaßt zu haben, ist für den deutschen und österreichischen 
Alpenverein unr so verdienstlicher, als es geologische Spezial 
karten im Maßstabe von l:50OJ0 in den östlichen Alpen bisher 
nur sehr wenige giebt. A. Sauer.
	        
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