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Full Text: Globus, 59/60.1891

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Dr. M. Weigel: Das Gräberfeld von Reichenhall in Bayern. 
großer Teil, vielleicht sogar der größere des ganzen Feldes 
zerstört worden zu sein, so daß möglicherweise früher vielleicht 
die doppelte Zahl von Gräbern vorhanden gewesen ist. Es 
kommen Einzelgräber vor, gemeinsame Bestattungen von 
zwei, drei und vier Personen, dann Erbbegräbnisse mit einer 
größeren Zahl von Familienmitgliedern verschiedenen Alters 
und Geschlechts und schließlich Nachbestattungen, d. h. zu 
fällige Anlegung von spätern Gräbern auf der Stelle von 
alten Grabanlagen, so daß diese letzteren oft mehr oder- 
weniger zerstört sind. Dadurch läßt cs sich auch am leich 
testen erklären, daß die halb zerstörten Gebeine verschiedener 
Skelette so oft ohne Ordnung wüst durcheinander lagen 
und daß sehr häufig die ältern Gräber bei Anlegung der 
neuen alles kostbaren Inventars beraubt wurden, was Herr 
v. Chlingcnsperg oft ganz sicher zu erkennen glaubte. 
Die Situation der Skelette war in der Regel eine ge 
streckte Rückenlage, wie es in dieser spätgcrmanischcn Zeit 
üblich ist, im Gegensatze zu der Bestattungswcise in der 
neolithischcn Zeit, wo die Toten meist auf der Seite und 
fast immer mit zusammengezogenen Beinen bestattet sind. 
Einige zufällige Ausnahmen auf den: Reichenhaller Felde, 
wo z. B. ein Skelett wie in roherWeife einfach in die Gruft 
hineingeworfen erscheint, sind nicht von Belang. 
Bon dein bei weiten! größten Interesse bei diesen auf 
gedeckten Gräbern sind natürlich die zahlreichen Beigaben, 
mit denen die meisten Skelette mehr oder minder ausgestattet 
waren, denn sic entrollen vor uns ein klares Bild von der 
Kultur, von den Sitten und Gebräuchen der damaligen Zeit 
und geben uns, so weit es niöglich ist, einen Anhalt für eine 
genaue chronologische Bestimmung. 
In vollständiger Gewandung, wie sich aus den zahl 
reichen Abdrücken von Geweben im Rost der Eisensachen 
konstatieren läßt, ans einer weißen Kiesunterlage und dann 
mit Holzbrettcrn bedeckt, wurden die Toten reihenweise 
ziemlich dicht nebeneinander zur Erde bestattet. Dem vor 
nehmen Krieger lag das lange zweischneidige Schwert, die 
Spata, an der linken, das kurze einschneidige, der Skramasax, 
an der rechten Seite, daneben gelegentlich eine eiserne Lanzen- 
Schnalle. (Von Tafel XXVI.) 
Riemenbeschlag. (Bon Tafel XXXI.) 
spitze oder ein Messer; eine eiserne Schere und ein Kamm 
von Knochen, als Zeichen des freien Mannes, der mit lang 
herunterwallendem Haar daher stolzierte, lagen unter dein 
Kops, und Schnalle und kostbare Riemcnbeschlügc auf Leib 
oder Brust, wo sie am Gürtel oder an sonstigen Riemen 
befestigt waren. Viele Gräber enthalten natürlich auch be 
deutend weniger, zwei oder drei Gegenstände, etwa ein Schwert, 
ein Messer, eine Schnalle, einen Feuerstahl mit dazugehörigem 
Feuerstein, irgend einen Riemenbeschlag oder dergl. Manche 
Gräber, vielleicht die der Ärmeren, zeigen auch gar keine 
Beigaben. 
Die Frauengräber zeigen hauptsächlich Schmuckgcgcn- 
stände und unter diesen spielen vor allem die Halsketten 
von bunten Glasperlen eine Hauptrolle, die in keinem besser 
ausgestatteten Frauengrabe fehlen, hier und da Bernstein- 
perlen, dann silberne Ohrringe, einige darunter mit feiner 
Filigran-Arbeit, Knochen-Kämme, Schnallen, gelegentlich auch 
von Geräten ein Messer, eine Nadel oder Schere. 
Sehr interessant ist, daß man einigen Leichen nach der 
Sitte der Griechen und Röruer eine Münze mit ins Grab 
Große Schnalle, V 2 natürl. Größe. 
(Von Tafel XXVII.) 
Beschlag. (Von Tafel XXXV.) 
gelegt hatte, die als Viatikum für die große Reise ins Jenseits 
oder als Fährgeld für Charon dienen sollte. So hatte das 
Skelett einer Frau einen goldenen Bracteaten im Munde und 
mehrere Krieger eine römische Kupfermünze ebenfalls im 
Munde oder in der Hand. Bei sehr vielen Gräbern glaubte 
Herr v. Chlingcnsperg die Spuren eines Opfer- oder Totcn- 
mahls erkennen zu können, das nach allheidnischer Sitte wahr 
scheinlich am offenen Grabe zu Ehren des Verstorbenen 
gefeiert wurde. Daher rührten die häufigen Tierknochen, 
von Schwein, Ziege, Rind rc. her, ferner Kohlen- und 
Afchcnreste und schließlich die Thonschcrbcn von Gefäßen, 
die nian dabei gebraucht und dann, wie cs auch bei den 
Römern üblich war, zerbrochen hatte, um sie den Manen 
der Verstorbenen zu weihen und jeden fernern Profanen 
Gebrauch unmöglich zu machen. 
Betrachten wir nun die in den Gräbern gefundenen 
Stücke selbst, so fällt unter ihnen besonders die große Zahl 
der meist mit Silber, zum Teil auch mit Gold tauschierten 
Eisensachen auf. Besonders Schnallen, Riemen- und Gürtel 
beschlüge von der verschiedensten Form und Größe zeigen
	        
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