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238 Väinö Kaukonen
der Anordnung der Gesänge in der i. Auflage galten, beobachtet habe, wozu zweifel
los auch alles, was Jacob Grimm in seiner Rede zunächst auf Grund der Einleitung
zur Übersetzung Castrens gesagt hatte, gehörte.
Auf die Frage zur Symbolik der Bausteine des „Sampo“ kehrte Lönnrot fast ein
Jahrzehnt später in seiner Rede Tre ord om och ur finsha fornsängen 6 (Drei Worte
über und aus den alten finnischen Volksliedern) zurück. Als er die verschiedenen
Deutungen des „Sampo“ darlegte, kam er zu einer Sinndeutung, nach der der
„Sampo“ unter dem Volke „die vom Menschengeschlecht damals erreichte Bildung
und Kultur“ bedeutet hätte und sprach folgende Begründung aus, hinter der man
Jacob Grimms Auffassung vernimmt: „Was doch am meisten für diese allegorische
Auffassung von der Bedeutung Sampos spricht, und was eigentlich mich zuerst auf
den Gedanken brachte, eine solche Erklärung zu suchen, ist das erste Aufkommen des
Sampo. Wie die Menschheit erst dann, wenn sie schon verschiedene niedrigere Ent
wicklungsphasen durchlebt hat, eine höhere Kultur erreichen konnte, so findet man
zu seiner Überraschung, daß auch Sampo von Gegenständen hervorgebracht wurde,
die man als Repräsentanten dieser vorhergehenden niedrigeren Entwicklungsphasen
ansehen kann. Das Volk in seinem rohen Zustand lebte zuerst vom Beruf der Jagd;
die Fischerei gehörte dem zunächst darauf folgenden Stadium. Dann kam die Vieh
zucht und zuletzt die Landwirtschaft. In derselben Ordnung läßt nun das Gedicht
Sampo entstehen:
Yhen joutsenen sulasta, aus der Feder eines Schwanes,
Yhen siian suomusesta, ' aus der Schuppe einer Renke,
Yhen villan kylkyestä, aus der Wolle von der Seite,
Yhen orasen jyvästä, aus dem Korn von einer Gerste,
d. h. Sampo wurde geformt aus einer Schwanenfeder, einer Renkenschuppe,
einer Wollflocke (oder einem Milchtropfen nach anderen Variationen) und aus
einem Getreidekorn, wozu verschiedene Varianten noch eine zerbrochene
Spindel hinzufügen, als Vertreterin der Industrie.“ In ihren Grundzügen stimmt
diese späte Auffassung Lönnrots mit der schon im Jahre 1845 von Jakob Grimm
dargelegten Deutung zusammen.
Nach dem Erscheinen der 2. Auflage des Kalevala begann allmählich die zentrale
Bedeutung des persönlichen Anteils von Elias Lönnrot beim Aufbau des Epos klarer
zu werden, und wenigstens aus den Arbeiten Castrens muß Jacob Grimm erfahren
haben, daß die ursprünglichen, von den Volkssängern vorgetragenen Lieder keine
einheitliche Dichtung gebildet hatten. Jacob Grimm hat daher später die durch die
1. Auflage des Kalevala hervorgerufenen und in der Rede zum Ausdruck gebrachten
Gedankengänge nicht mehr weiterentwickelt. Die neue kritischere Einstellung trat
zum Teil im Verschweigen einiger früherer Auffassungen, zum Teil in neuen, mehr
zurückhaltenden und berichtigten Formulierungen hervor, wie Erich Kunze nach
gewiesen hat.
b Tre ord om och ur finska fornsängen. In: Litteraturblad för allmän medborgerlig bild-
ning, November 1858; aufs neue in Elias Lönnrots schwedischen Schriften I, S. 38 —51