Buchbesprechungen
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im Umgang mit Begriffen bisweilen recht sorglos, und streckenweise wirkt seine Argumen
tation etwas beliebig.
Der historisch interessierte Volkskundler kann aus dem Buch eine Fülle von Informatio
nen, Anregungen und neuen Perspektiven gewinnen.
Göttingen Karl Heinrich Kaufhold
BARBARA Duden, Body History — Körpergeschichte. A Repertory. Ein Repertorium. Wol
fenbüttel: Tandem 1990. XIX, 320 S. (Reihe Tandem — Kultur- und Sozialgeschichte, Bd. 1).
Ein „Bordbuch“ nennt Barbara Duden im Vorwort ihr Repertorium zur Körperge
schichte, ausdrücklich keine Bibliographie. Sie will jedoch ambitioniert „eine retrospektive
Sammlung der verstreuten gelehrten Literatur der ersten siebzig Jahre dieses Jahrhunderts“
versuchen, ein Destillat aus sieben Jahren wissenschaftlicher Beschäftigung mit Körperlich
keit in der Geschichte.
Barbara Duden hat darin ihren Zettelkasten veröffentlicht: 257 Seiten alphabetische Auf
listung von Büchern und Aufsätzen und danach 433 Indexeinträge von „abortion“ bis „zoo-
morph“. Eine solche Liste und ein solcher Zugang sind schwer pauschal zu beurteilen; es
steckt viel Arbeit darin. Die Kritik kann daher nur stichpunktartig einsetzen, und sie rich
tet sich vornehmlich gegen Unklarheiten und Unvollständigkeiten. So fehlen grundlegende
Werke von Sole, van Ussel und Peter Gay zur Geschichte der Sexualität, Titel werden nicht
exakt zitiert ( Loux 1979), oft wird die Literatur des englischen, französischen und deutschen
Bereichs allein aufgeführt; Carlo Ginzburg, Jud und Ciavarelli sind erfreuliche Gegenbei
spiele. Dagegen wird bei Huizinga die holländische Originalausgabe zugunsten der eng
lischsprachigen Übersetzungen unterdrückt, bei Theweleit nur die 2., dagegen beim Hand
wörterbuch des deutschen Aberglaubens nur die 1. Auflage erwähnt (obwohl gerade hier die
2. Auflage ungleich weiter verbreitet ist als die L). Gilles Deleuze wird nur in der Sekundärli
teratur geführt, der oft erwähnte Balzac taucht nicht im Index auf, dort wird breit auf Litera
tur zu Rabelais verwiesen, aber das grundlegende Werk von Luden Febvre fehlt.
Das sind nur einzeln herausgegriffene Punkte, die darauf verweisen mögen, daß 2500
Titel eben ein Zettelkasten sind, jedoch kein Buch. Positiv sei aber darauf hingewiesen, daß
Barbara Duden eine weite Begrifflichkeit von Körper erfaßt hat, daß sie weit über den ange
kündigten 70-Jahre-Bereich hinaus Literatur vorstellt. Ihr Index krankt wie fast jeder daran,
daß genau das Stichwort fehlt, was einen selbst interessiert, daß aber „Geschlechtskrankhei
ten“ und „Pest“ so gar nicht auftauchen, ist schade. So bleibt auch dieses „Bordbuch“ eine
Literaturliste mit Lücken und ungereimten Zufälligkeiten, die jedoch durch einen differen
zierteren Index sehr gewonnen hätte. Die Chance einer ausführlichen und mit gutem Zu
gang versehenen Bibliographie bleibt späteren Publikationen Vorbehalten.
Tübingen Martin Beutelspacher