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Full Text: Zeitschrift für Volkskunde, 88.1992

Buchbesprechungen 
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CHRISTINA SCHWARZ, Die Landfrauenbewegung in Deutschland. Zur Geschichte einer 
Frauenorganisation unter besonderer Berücksichtigung der Jahre 1898 bis 1933. Mainz: Ge 
sellschaft für Volkskunde in Rheinland-Pfalz, 1990. 430 S. m. 66 Abb. u. Anh. (Studien zur 
Volkskultur in Rheinland Pfalz, Bd. 9). 
Die Dissertation von Christina Schwarz „Die Landfrauenbewegung in Deutschland“ 
stellt den Versuch dar, „die Geschichte der ländlichen Frauenbewegung als einen Teil der ge 
samten deutschen Frauenbewegung nachzuzeichnen“ (S. XV). Sie will damit eine Lücke 
schließen, da die Erforschung weiblicher Organisationsformen im ländlichen Bereich bis 
her kaum Berücksichtigung fand. Die über 400 Seiten starke Arbeit basiert auf einer sehr 
umfangreichen Materialerhebung, bei der die Aufarbeitung der Lebenserinnerungen von Eli 
sabet Boehm , der Gründerin landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine, besonders aufschluß 
reich ist. Dieser Nachlaß „ermöglicht erstmalig einen genauen Einblick in die Biographie 
der Gründerin und in bislang unbekannte Diskussionen und Standortbestimmungen inner 
halb des Vereinslebens während der Anfangsjahre“ (S. 5). Der zeitliche Rahmen bewegt sich 
zwischen 1898, dem Gründungsjahr, und der Eingliederung der Vereine in den Reichsnähr 
stand. Es ist dies der Zeitraum, in dem die Arbeit des Reichsverbandes landwirtschaftlicher 
Hausfrauenvereine wesentlich von der großagrarischen weiblichen Führungsschicht Ostel 
biern bestimmt war. Erst 1948, als die Nachfolgeorganisation, der Deutsche Landfrauenver 
band, gegründet wurde, änderte sich dann die Klientel. Die neuen gesellschaftspolitischen 
Verhältnisse erforderten sowohl eine inhaltliche Neuorientierung als auch eine Umbenne- 
nung des Vereins. Bei Vereinsgründung 1898 in Rastenburg war „prägendes und tragendes 
Element der weiblichen Interessenvertretung auf dem Lande“, so Schwarz, „vorrangig jene 
großagrarisch-protestantische, häufig adlige Führungsschicht, aus deren Kreis sich maßgeb 
lich die Entscheidungsgremien des Reichsverbandes konstituierten“ (S. 322). 
Es handelte sich also mitnichten um eine Bewegung von Landarbeiterinnen oder Bäue 
rinnen, sondern von Großgrundbesitzerinnen, die auf die massiven wirtschaftlichen Pro 
bleme auf dem Agrarsektor um die Jahrhundertwende reagierten. Ihre Ziele waren: bessere 
und geeignetere Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen, womit das Modell der 
vom wahren Leben abgehobenen, nur Repräsentationszwecken dienenden großbürgerli 
chen Frau in Frage gestellt wurde - hier machte sich sicherlich der Einfluß der bürgerli 
chen Frauenbewegung bemerkbar -, ferner die Hebung von Gartenbau- und Geflügel 
zuchterzeugnissen sowie die Schaffung verbesserter Absatzmöglichkeiten der Produkte und 
nicht zuletzt die Anerkennung aller hauswirtschaftlichen Arbeit als Berufsarbeit. 
Mit dem Beitritt in die überregionale Organisationsform der bürgerlichen Frauenverei 
ne, den „Bund Deutscher Frauenvereine“, tat man sich jedoch schwer. Die Abschaffung des 
Paragraphen 218, Frauenstimmrecht oder Simultanschule waren Forderungen, die den ari 
stokratischen Damen als rotes Tuch erscheinen mußten. Obgleich sie parteipolitische Neu 
tralität vorgaben, stellten sich namentlich die beiden Vorsitzenden, Elisabet Boehm und 
Fürstin Therese Hohenlohe zu Waldenburg, einer aktiven konservativ orientierten politi 
schen Propaganda zur Verfügung, die darin gipfelte, daß man sogar für die Deutschnationale 
Volkspartei aufrief. Mit zunehmend stärker werdenden antisemitischen Tendenzen stand 
man den neuen Machthabern so nah, daß die Eingliederung der Vereine in den Reichsnähr 
stand 1934 völlig reibungslos erfolgen konnte. Die Rolle der Landfrauen im Nationalsozia 
lismus spart die Autorin aus und wendet sich dann direkt der Entwicklung nach dem Zwei 
ten Weltkrieg zu, was mir recht problematisch erscheint. Die Fülle des Materials, das die 
Verfasserin bearbeitet hat, droht die Leser manchmal zu erdrücken, auch der rote Faden ist
	        
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