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Full Text: Zeitschrift für Volkskunde, 88.1992

Buchbesprechungen 
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ESTHER GaJEK, Adventskalender von den Anfängen bis zur Gegenwart. München: Süd 
deutscher Verlag, o.J. (1989). 136 S. m. 101 Abb. z. T. in Farbe. 
DOMINIK Wunderlin, „Advent, Advent!“. Lichter- und Kalenderbräuche. Von Advents 
kränzen und Adventskalendern. Liestal: Amt für Museen und Archäologie, 1989. 56 S. m. 
43 Abb. (Archäologie und Museum, H. 016). 
Adventskalender, ein volkskundliches Sammlungsgebiet seit nur wenig mehr als einein 
halb Jahrzehnten, haben sich als bekanntermaßen junge Erscheinungsform nie derart 
brauchtümelnden Interpretationen aussetzen müssen wie etwa Christbaum und Advents 
kranz. Zu offensichtlich sind Hängekalender, Adventsuhren, Adventshäuschen, Adventsba 
stelkalender u. ä. dem industriellen Zeitalter zuzuordnen. Tatsächlich ist die Geschichte des 
Adventskalenders kaum mehr als 140 Jahre zurückzuverfolgen (seine serienmäßige Produk 
tion gerade 80 Jahre) und der Pädagogisierung des bürgerlich-protestantisch orientierten 
Kinderlebens zuzuschreiben. Empirisch ist der Entstehungsgeschichte noch nicht zurei 
chend nahezukommen. Die ersten Belege sind spärlich und spät, bis in den 1920er Jahren 
eine allgemeine Verbreitung einsetzt. Esther Gajek und Dominik Wunderlin haben nun nach 
Werner Galler (1980,1983), MichaelMartischnig (1982) sowie einer frühen schwedischen No 
tiz von Ying Tojer-Nilsson (1962) unseren Kenntnisstand erweitern und in manchen Details 
präzisieren können. 
Der protestantische Ursprung, den Hermann Bausinger (1970) nach den Umfragen des 
Atlas’ der deutschen Volkskunde für Entstehung und Ausbreitung des Adventskranzes her 
ausarbeiten konnte, trifft nach dem frühesten Beleg (Elise Averdieck, 1851) auch auf den Ad 
ventskalender zu: der Umkreis des Rauhen Hauses in Hamburg. In 24 biblischen Bildern 
werden Kinder allabendlich auf das kommende Weihnachtsfest vorbereitet. In der Folge 
blieb der biblische Gehalt trotz aller religiöser (auch katholischer) Verlagsprogrammatik se 
kundär. „Brauch ohne Glaube“ {Leopold Schmidt, 1964) wird auch hier als Interpretations 
rahmen für das soziale Handlungsfeld von Kindern und Erwachsenen in der vorweihnacht 
lichen Ökonomie einschlägig sein. 
Den Autoren beider Begleitpublikationen zu Sonderausstellungen in München und Lies 
tal/Schweiz gelingt es differenziert, Materialien zur Geschichte des Adventskalenders vorzu 
stellen. Esther Gajek, durch ihre umfangreiche Arbeit über den Münchner Verlag Reich 
hold & Lang mit der Verlags- und Druckgeschichte bestens vertraut, berichtet über Entste 
hung und Entwicklung vornehmlich der Münchner Kalender seit 1908, als Richard Ernst 
Kepler den ersten Kalender „Im Lande des Christkinds“ für Gerhard Lang entworfen hatte. 
Exemplarisch untersucht sie das Lebenswerk einer Kalenderillustratorin (Gudrun Keussen), 
stellt Programme verschiedener Verlage und deren Veränderungen vor (ars sacra, ars edition, 
Korsch) und weist auf eine kaum glaubliche Kontinuität eines nationalsozialistischen Kalen 
ders („Vorweihnacht“, Verlag Franz Eher Nachf.) hin, dessen Ausgabe in den 1980er Jahren 
nur die direkten NS-Zeichen fehlen, ein Vorgang, der in der Öffentlichkeit anscheinend 
nicht bemerkt wurde. 
Ein Pendant in wesentlich bescheidenerer Ausführung mit ebenfalls zahlreichen instruk 
tiven Abbildungen versehen, legt Dominik Wunderlin vor. Auch er skizziert kurz Entste 
hungsgeschichte und volkskundliche Zusammenhänge, läßt Verlage und Programme aus 
Deutschland (neben München auch die badischen Verlage E. Kaufmann und St. Johannis 
u. a.), der Bundesrepublik wie der ehern. DDR, der Schweiz, Dänemarks bis nach Hong 
kong Revue passieren, berührt Weihnachtsuhren, Bastelvorlagen, Adventskalenderkerzen,
	        
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