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Full Text: Zeitschrift für Volkskunde, 88.1992

Buchbesprechungen 
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Bregenz mit „Bekleidungsgeschichte und Museum“. Eine Bilanz der letzten Tagung zeigte, 
daß sich neue Inhalte und Fragestellungen in der Kleidungsforschung seit 1985 noch nicht 
etabliert haben. Mit dem vorliegenden Aufsatzband wollen die Herausgeberinnen erneut 
Denkanstöße zu sozialwissenschaftlich ausgerichteter Kleidungsforschung geben. 
Es sind 14 sehr unterschiedliche Arbeiten, die sich mit den verschiedensten Themen von 
Kleidung und Textilien befassen. Im ersten Aufsatz untersucht Gitta Böth den Begriff Mode 
und das Verhältnis zur Volkskunde. Dann vergleicht Andreas Hartmann verschiedene histo 
rische Bildausgaben der Altenburger Tracht aus dem späten 18. Jahrhundert und dem frü 
hen 19. Jahrhundert. Die nächsten beiden Aufsätze von zwei französischen Museumskolle 
ginnen, Yvonne Broutin und Monique Poulenc, bieten einen einführenden Überblick über 
den Forschungsstand zur regionalspezifischen Kleidung und dem dazugehörigen Schmuck. 
Die ersten Ergebnisse der Inventarisation und Kategorisierung liegen vor, zeigen aber deut 
lich, daß noch mehr Material notwendig ist, um regionale Eigenheiten herauszufiltern. Der 
Aufsatz von Elke Drengwitz schildert sehr spannend, wie Mode der großen Zentren Paris 
und Berlin in modifizierter, also tragbarer Form für die verschiedenen Käuferschichten auf 
bereitet und dann angeboten wird. Unsere heutige Mode, gezielt als gesunkenes Kulturgut 
aufbereitet, wird hier vorgeführt und die sozialen und wirtschaftlichen Mechanismen dieses 
kurzlebigen Sektors dargestellt. Es folgt ein Beitrag von Ingrid Heimann über Kleidung als 
Zeichen. Ausgehend vom bürgerlichen Herrenanzug untersucht sie Hosen- bzw. Rockfor 
men in Hinblick auf ihre Zeichenhaftigkeit und Bekleidungsplastizität. Ingeborg Weber- 
Kellermann faßt in einem Überblick die Veränderungen in der Kleidung, ausgelöst von der 
französischen Revolution, zusammen. Vor allem das Entstehen des regionalspezifischen 
Kieidungsverhaltens, der kindgerechten Kleidung und der neuen bürgerlichen Moden wer 
den aufgezeigt. Eine außerordentlich interessante Studie liefert Ulrike Heising-Piltzing. Das 
Bühnenkostüm der Frauen, sowohl das Kleid wie auch beispielsweise der Hosenanzug Sarah 
Bernhardts, machten um 1900 nicht nur Furore, sondern auch Mode. Daniel Devoucoux be 
schreibt den Umgang mit Unterkleidern als Ausdruck bürgerlicher Mentalität in der Wil 
helminischen Ara. Ein bislang kaum beleuchtetes Forschungsfeld stellt Gaby Mentges vor: 
Konfektionskleidung der Firma Bleyle. Eingriffe des faschistischen Regimes der Nazis in 
das Kleidungsverhalten des einzelnen sowie die Kleidungsbewirtschaftung im Zweiten Welt 
krieg führt Sigrid Jacobeit in all ihren entsetzlichen Auswüchsen vor. L.M. Ballard vom Ul 
ster Folk and Transport Museum berichtet von ihrer Sammeltätigkeit und ihren Forschun 
gen zu irischen Spitzen und Quilts um 1900. Die beiden letzten Aufsätze von Andrea Re 
chenberg und Sigrid Philipps verdeutlichen noch einmal, daß der Begriff „Tracht“ bei Laien 
bzw. Museumsbesuchern nach wie vor mit romantischen und z. T. völlig falschen Ideen von 
einer heilen, bäuerlichen Welt besetzt ist. Mit einer Ausstellung dagegen anzutreten und das 
Bild zurechtzurücken, haben beide mit mehr oder weniger Erfolg versucht. 
Viele neue Anregungen, vor allem zu bislang kaum beachteten Forschungsfeldern, wer 
den geboten. Wenn die Beiträge nacheinander gelesen werden, dann fällt streckenweise die 
Orientierung nicht leicht. Eine Sortierung der Aufsätze wäre sehr hilfreich. Es ist ratsam, 
zuerst die Arbeiten von Gitta Böth und Ingeborg Weber-Kellermann zu lesen, dann bei 
spielsweise die Studien der Museumskolleginnen und von Elke Drengwitz, Ingrid Heimann 
und Ulrike Heising-Piltzing. Die drei letztgenannten Autorinnen liefern sicherlich die be 
merkenswertesten Beiträge, weil sie nicht Volkskundlerinnen sind und somit von völlig an 
deren Ansätzen ausgehen. Die Arbeiten der französischen Kolleginnen zeigen, daß zur Er 
schließung von Material wieder auf die alten Methoden zurückgegriffen werden muß, um 
eine solide Grundlage für weitere Auswertungen zu erhalten.
	        
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